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12.06.2022 - Dreifaltigkeitssonntag - Ich schäme mich dafür, dass ich einfach keinen Zugang zur ukrainischen Sprache finde. Obwohl mich diese Sprache zuhause von früh bist spät umgibt. Immerhin liebe ich den Klang. Wenn beispielsweise der dreijährige Nazar meinen Namen mit slawisch-gerolltem „R“ ausspricht, fließe ich dahin.

Mein aktiver Wortschatz besteht eigentlich nur aus einem einzigen Begriff: „Razom“. „Razom heißt zusammen“ haben wir in meiner Nachbarschaft den Verein genannt, der sich darum bemüht, das mit Kriegsflüchtenden zu teilen, was wir über Wohnraum hinaus haben: Zeit, Interesse aneinander, Mitgefühl und - ja, es ist ein großes Wort - Frieden.

„Der Friede sei mit euch!“ lautet der sich wiederholende Gruß des Auferstandenen. Auch beim biblischen Pfingstereignis, als sich Menschen urplötzlich verstehen, obwohl sie nicht die gleiche Sprache sprechen.

Wie sehr sehne ich mich nach genau diesem Wunder! Dass ich mich nicht mehr nur an der oft kläglichen Oberfläche austauschen kann. Aber bei genauerem Nachfühlen: Dieses Wunder geschieht ja längst! Mir kommt sogar der Verdacht, dass dieses Verstehenswunder gerade im Umkehrschluss funktioniert:

Immer wenn wirklich Friede mit uns ist ‐ über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg ‐, genau dann geschieht tiefes Verstehen. Dieses mitfühlende Wissen umeinander. Dieses wirkliche Spüren, einander achtsam und aufmerksam wahrzunehmen. Uns ehrfürchtig als Geschwister zu erkennen, die nichts mehr wollen, als in Zuversicht leben zu dürfen.

Soweit pfingstlich-friedvoll.

Leider übe ich derzeit noch ein zweites ukrainisches Wort. Das geht mir ganz und gar nicht geschmeidig über die Lippen: „Zhalyuhidnyy“. Google-Translator spuckt es als Übersetzung des Begriffs „jämmerlich“ aus. Jämmerlich, armselig, elend sind die wechselnden Worte, die vielfache  traurige Erfahrungen zu umschreiben versuchen. „Zhalyuhidnyy“ beschreibt, wie ich weite Teile unserer bürokratischen Verfasstheit erlebe: Langsam, abgrenzend, unbeweglich, nicht zuständig. Auch darüber hinaus ist ein Mangel an menschlichen Reflexen und Einfühlungsvermögen zu registrieren.  

Gott sei Dank - schon wieder ein Pfingstwunder -  ist „Razom“ soviel kraft- und geistvoller als „Zhalyuhidnyy“. Nach jeder frustrierenden Erfahrung gibt es das Mehrfache an beglückender Begegnung. Es ist wie ein unsichtbares Erkennungszeichen: Du gehörst auch zu denen, die an das Gute glauben. „Razom“ sind wir bereit, dafür „zhalyuhidnyy“ Barrieren zu umgehen!

Frohe Pfingsten wünscht Ihnen
Richard Rosenberger vom Team der Seelsorger.

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