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...dass Kirsten Boie für ihr Buch Dunkelnacht den katholischen Kinder- und Jugend-buchpreis 2022 erhalten hat.

In ihrem Buch geht es um eine bayerische Kleinstadt, wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs; kurz vor dem Ende des Systems. Es wird eindrucksvoll geschildert, wie sich die Bürger der Stadt schon vor dem Zusammenbruch und der nahen Niederlage auf friedliche Weise für die Belange der Menschen in der Zukunft stark machen. Ihre Initiative scheitert nicht am fehlenden Mut oder dem Widerstand einzelner vor Ort, sondern in der systematischen Verlagerung verantwortlichen Handelns auf eine jeweils höhere Ebene. Jeder der Beteiligten schiebt seine Verantwortung von sich weg, will ein reines Gewissen behalten und mögliche negative Folgen seines Handelns von sich abhalten. Es wird dazu ein Spannungsfeld aus zutiefst gemischten Gefühlen und Haltungen auf-gebaut, aber auch ein verworrenes Geflecht aus Furcht, Misstrauen, Wut, Angst, Spott, Hoffnung, Nächstenliebe und Selbstverständlichkeit gewoben. Am Ende werden die fata-len Entscheidungen auf einer Ebene getroffen, die so weit von der Realität der Kleinstadt entfernt ist, dass überhaupt nicht mehr die Folgen der Entscheidung beachtet werden. Dramatisch ist, dass die Protagonisten des alten Systems als Stehaufmännchen wieder nahezu ungeschoren davonkommen.

Geradezu erschreckend war für mich, die Parallelen in den Entwicklungen der heutigen Zeit neu zu entdecken; ich frage mich: „Was haben wir Menschen, die Kirche und auch die Gesellschaft aus unserer Geschichte gelernt?“

Das stimmt jetzt auf den ersten Blick nicht hoffnungsvoll, soll aber trotzdem oder auch vielleicht gerade deswegen der Ansporn sein, sich mutig mit den Fragen der Zukunft, den Fragen der Menschen zu beschäftigen.

Denn bei aller Fassungslosigkeit, die auch in dem Buch zum Ausdruck kommt, gibt es letztlich auch die Erfahrung, dass die Liebe, der Einsatz für die Menschen das wesentlich ist, das zählt.

Michael Nowak, Diakon
Mitglied der Pfarrerinitiative Würzburg

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