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Zwei Ukrainerinnen aus unserer Gemeinde erzählen in einem Interview mit Gemeinsam Grün- laudato si aus ihrer Heimat

In der Ukraine gibt es einen bunten Mix aus heidnischen, religiösen und weltlichen Traditionen. Der größte Teil der Bevölkerung bekennt sich zum christlich- orthodoxen Glauben. Trotzdem sich vor einigen Jahren ein Teil der Kirche der westlichen Kalenderzählung angeschlossen hat, feiern die meisten Ukrainer und Ukrainerinnen das Weihnachtsfest noch nach altem Brauch am 6./7. Januar. So erzählt es auch Anna aus Johannesberg, die mit Vater und Tochter seit 3 Jahren hier lebt. Fast 20 ukrainische Bürger und Bürgerinnen wohnen in unserer Gemeinde, auch sie aus ganz unterschiedlichen Kulturen. Anna stammt aus Charkiw im Osten der Ukraine. Dort nahm die Bedeutung der Kirchen unter dem russischen Einfluss zwar ab, doch in den Familien wurden religiöse Traditionen weiter begangen. So kochte ihre Oma immer am 6. Januar ein traditionelles Festmahl mit zwölf vegetarischen Speisen, gedenk der zwölf Apostel (s. Bild). Wichtigster Bestandteil der Festtafel ist „Kutja“, eine Süßspeise aus Weizen, Honig, Mohn und Nüssen, die als Vorspeise aus einer Schüssel gelöffelt wird. Ewiges Leben, Glück und Erfolg, Fruchtbarkeit, Weisheit und Gesundheit sollen die Zutaten symbolisieren. Am nächsten Tag, dem 7. Januar, ziehen die Kinder und Erwachsenen von Haus zu Haus, singen Lieder und erzählen in Reimen die Geschichte von der Geburt Jesu. Im Gegenzug erhalten sie Süßigkeiten, Früchte oder kleine Geschenke.

12 Speisen mit Untertitel

Adventliche Bräuche wie bei uns, so berichtet Anna, gibt es in der Ukraine nicht. Doch religiöse Menschen halten vor Weihnachten eine 40-tägige Fastenzeit ein. Der 19.12. wird in den Kirchen als Tag des Heiligen Nikolaus von Myra zelebriert.

Große Bedeutung hat auch der 31. Dezember/1.Januar in ihrem Heimatland, betonen Anna und Tochter Laura. Am Abend kommt die Familie zusammen und beschenkt sich reichlich unterm „Neujahrsbaum“, einem Relikt aus der Sowjetzeit, in der christliche Bräuche verboten waren. Gebracht werden die Geschenke denn auch von Väterchen Frost und seiner Enkelin Snegurotschka. St. Nikolaus und Christkind lassen grüßen.

Auch „Malanka“, das sogenannte Alte Neujahr am 13./14. Januar, wird weitverbreitet begangen. Anna und Laura erinnern sich noch lebhaft an das bunte Treiben, das ein wenig an Karneval erinnert. Die Menschen ziehen mit Kostümen und Masken von Haus zu Haus, um mit ihren Vorführungen böse Geister zu vertreiben und dem Hausherrn mit aufgehaltenen Händen Glück und Wohlstand zu wünschen.

Jetzt in den Kriegsjahren, kommt den ukrainischen Bräuchen und Ritualen eine besondere Bedeutung zu. Zum einen gibt den Menschen die Gemeinschaft ein Gefühl der Stärke und des Zusammenhalts, zum anderen ist die Verbundenheit ein Ausdruck von Widerstand gegen den Versuch, ein Land zu spalten und zu demütigen. Welch ein Glück, dass die Vielfalt der Kulturen ihnen viel Anlass zum gemeinsamen Feiern gibt.

Quelle: Stephanie Maurer, Renate Kühnberger und Ellen Specht im Gespräch mit Anna und Laura Oleinikova; diverse Recherchen.

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