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05.04.2020 - Palmsonntag – Der Gegensatz zwischen dem „Himmelhoch-Jauchzen“ am Palmsonntag und dem "Kreuzige ihn!" am Karfreitag findet sich in vielfältiger Weise in unserem eigenen Leben wieder. Wie oft stürzen wir von einem Hochgefühl in ein tiefes Loch: Gerade noch frisch verliebt, dann plötzlich im Stich gelassen; gerade noch voller Freude bei der Geburt eines Kindes, dann wenig später bei der Beerdigung eines lieben Menschen; gerade noch zufrieden über das Erreichte, dann ohne Vorwarnung stehen wir mit leeren Händen da. Gerade in der momentanen Situation, der wir uns stellen müssen, erleben wir Solches am eigenen Leib.

Vom Jubelgesang zur traurigen Stille, vom «Hosianna» zum «Kreuzige ihn» - die Heilige Woche, die mit dem Palmsonntag beginnt, ist ein Wechselbad der Gefühle. Jubel - Angst - Trauer – tiefste Dunkelheit - Osterjubel. Wie im richtigen Leben. Unser eigenes Leben ist doch auch ständig hin- und hergerissen zwischen Geburt und Tod - Freude und Leid – Glück und Verzweiflung - Feierlichkeiten und Trauer. Wo ist da der Sinn?

Die Ereignisse, die uns hin- und herreißen, bringen uns nur dann aus dem Gleichgewicht, wenn wir keinen Stand haben. Wenn wir uns selbst nicht treu bleiben können, weil wir nicht wissen, wer wir sind.

Jesus konnte durch alle Höhen und Tiefen gehen, weil er wusste, wer er war: Nicht der König mit allem Prunk und Reichtum, nicht der selbstherrliche Richter, der Judas vernichtet, bevor er ihn verraten konnte, nicht der enttäuschte Freund, der nachträgt, weil er verleugnet wurde, nicht der verurteilte Verbrecher, der ans Kreuz gehängt wurde und auch nicht der vernichtete Tote, der ins Grab gelegt wurde. All das war er nicht. Er war in allem immer der Gleiche: Der geliebte Sohn Gottes.

Wir alle in den oft unterschiedlichsten Wechselbädern der Gefühle, verlieren manchmal den Halt, den Boden unter den Füssen. Und manche verlieren vielleicht sogar noch mehr: Den Glauben an das Gute; die Freude am Leben; die Hoffnung darauf, dass alles wieder gut wird. Wie soll man sich noch über etwas freuen, wenn jede Freude immer nur von so kurzer Dauer ist? Jedes Leben gefährdet? Jeder Erfolg nur vorübergehend?

Es tut dann gut, sein Leben in Ruhe zu betrachten und sich aus Zwängen zu befreien. Dann bekommen wir vielleicht wieder die größeren Zusammenhänge in den Blick.

Wer den Jubel am Palmsonntag mit dem Verflucht! des Karfreitags sieht, kann freilich den Glauben an die Güte Gottes und an die Menschheit verlieren. Aber wenn wir den größeren Rahmen sehen, bekommen wir die Gesamtheit, ja auch den Ostersonntag mit in den Blick: Es gibt eine Auferstehung. Jesus bleibt nicht dort, wohin ihn die Menschen verbannen wollten. Die Menschenmenge am Palmsonntag löst sich auf: Doch es schälen sich Freunde Jesu heraus, die erkennen. Und im Laufe der Zeit gibt es immer mehr von denen, die erkennen und sich zu ihm bekennen.

Vielleicht müssen auch wir manchmal erst noch herausgeschält werden, bevor wir erkennen, den Blick frei bekommen auf das ganz große Geheimnis. Versuchen wir doch einmal, diesen größeren Rahmen, diese Gesamtheit zu sehen. Lassen wir uns ein auf dieses Geheimnis der Passion und feiern wir, dass Jesus immer, zu jeder Stunde, der König unseres Lebens ist. Er sichert uns zu, dass uns nichts und niemand von der Liebe Gottes trennen kann. Darauf können wir vertrauen – auch in den Tagen dieser Krise.

Im Namen des Seelsorgeteams wünsche ich einen gesegneten Sonntag
Ihr Alexander Fuchs, Diakon

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