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10.05.2020 - 5. Sonntag der Osterzeit – Wenn wir uns die derzeitige Berichterstattung zur CORONA-Pandemie vergegenwärtigen, dann wird es mir manchmal einfach zu viel. Auf allen Kanälen und mit unterschiedlichen Perspektiven werden die Zahlen verbreitet: Wie viele sind heute erkrankt? Wie viele Todesopfer sind zu betrauern? Wie viele haben die Pandemie überstanden?

Ja, es wird mir zu viel. Ich schalte dann um oder aus. Suche nach Ablenkung. Will heraus aus dieser Enge, die auch durch diese Nachrichten-Flut über mich hereinbricht.

Dabei werden die Probleme und Sorgen der Menschen konkret überhaupt nicht benannt. Die verheerenden Auswirkungen auf die Entwicklung unsere Kinder und Jugendlichen nicht ins Wort gebracht. Die zusätzlich nun aufkommenden Konflikte und Auseinandersetzungen in den Familien nicht entsprechend bewertet, geschweige denn die Vereinsamung der vielen, die allein leben, nicht beziffert.

Vieles, was wir zur Zeit erleben und erfahren, durchmachen und ertragen wird nicht wertgeschätzt. Auch im spirituellen Bereich erfahren wir eine lange Durststrecke, die - oft auch wegen Langeweile - mit allem möglichen unreflektiert vollgestopft wird. Die Personenwaage ist unbarmherzig!

In diese sehr diffuse Situation wird am kommenden Sonntag das Jesus-Wort verkündet: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“

Dieses Wort macht mir in der derzeitigen Lage Mut und schenkt mir Hoffnung. In aller Verlorenheit reicht mir Jesus seine ausgestreckte Hand und spricht mir zu: Folge mir. Ich führe Dich zum Leben, zum „Leben in Fülle“, wie es am vergangenen Sonntag lautete.

Mit Leben wird hier nicht das alltägliche beschrieben, wo wir uns ärgern und immer wieder neu einbringen müssen, wo es gilt, aufeinander Rücksicht zu nehmen und sich auch immer wieder zurückzunehmen, das, was uns heute in der Krise so schwergemacht wird!

Mit „Leben in Fülle“ spricht uns Jesus die Einmaligkeit zu, in die hinein wir - jede und jeder! - berufen sind. „Leben in Fülle“ da steckt eine Perspektive drin, die meinen Blick über das erhebt, das so schwer und so problematisch empfunden wird, was aber nicht meine einzige Realität ist.

Mit „Leben in Fülle“ meint Jesus eine Wirklichkeit, die ja trotz alledem existiert und wesentlich für uns und unsere Zukunft ist. Es ist dies die himmlische Perspektive, die den Blick weitet und öffnet für die auf uns zukommende Realität. Jesus meint damit, dass wir - wenn wir ihm auf seinem Weg nachfolgen - wir all das alltägliche, das jetzt so schwer von der Hand geht, gut und ehrlich miteinander bewältigen werden, weil wir wissen: Dies ist nicht die letzte Wahrheit! Es ist ein wichtiger, wesentlicher, notwendiger Schritt auf einem Weg, den Jesus vorausgegangen ist und den auch wir gehen werden: Den Weg zum Vater!

Gerade in der Osterzeit werden wir so darauf aufmerksam gemacht, dass wir hoffen dürfen über die derzeitige Pandemie hinaus! „Leben in Fülle“ meint ja immer auch, dass wir zwar in dieser Welt scheitern können (Jesus wurde gekreuzigt!), aber dennoch die Nachfolge in seinem Sinn und seiner Haltung uns immer auch eine glückliche Perspektive eröffnet.

Ihnen und Ihren Angehörigen wünsche ich im Namen des Seelsorgerteams einen frohen Sonntag und Gottes Segen für die kommende Zeit!
Ihr Nikolaus Hegler, Pfarrer

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