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05.09.2021 - 23. Sonntag im Jahreskreis - Am Ende des Sommers schweifen meine Gedanken zu den Kindern und Jugendlichen, deren Ferientage jetzt in die letzte Runde gehen. Ich wünsche ihnen, dass sie noch ganz viel Freiheit & Unbeschwertheit, Freundschaft & Familie,  Abenteuer & Langeweile genießen können.

Sie haben es dringend nötig. Schließlich fielen ihre Bedürfnisse in der Pandemie oft als erstes unter den Tisch. Und so richtig klar ist es ja nicht, ob das im Herbst viel anders sein wird.

Mich ließ die Tage ein Zeitungsbericht aufhorchen, dass sich unter dem Eindruck der apokalyptischen Klimakrise eine neue Strömung entwickelt. „Birthstrike“ (Gebärstreik) heißt die Bewegung, die vorrangig von jungen Frauen getragen wird und selbstgewählte Kinderlosigkeit als Mittel gegen die dramatischen Zukunftsaussichten einsetzt.

Das schiebt meine allgemeine „Zukunfts-Irritation“ noch weiter an. Rühren meine Sommerschlussempfindungen vielleicht auch daher, dass ich selber in das letzte Lebensdrittel eintrete? Warum wirkt es so stark auf mich, als wäre die Menschheit an einem globalen Kipp-Punkt angekommen? Warum mischt sich der natürliche Sommerschluss so sehr mit endzeitlichem Nachdenken?

Kürzlich bei der Feriennacht mit den roncalliKids hat es mich besonders erwischt. Erstmals in meiner doch recht ausdauernden Biographie als Kinder- und Jugendarbeiter kam mir die Einsicht, dass ich für diese Generation zwar noch großväterlich-wohlwollender Zuschauer sein kann, aber nicht mehr optimistischer Wegweiser. Meine Denkgebäude und Hoffnungen sind letztlich von Gestern und taugen am Ende nicht mehr recht für ein Morgen.

Um diesem Gedankenstrudel noch das Krönchen aufzusetzen: Mehr als jemals zuvor nehme ich wahr, wie meine Kirche ein Beitrag zum Problem und nicht zur Lösung ist. Zwar ist der Glaube an Jesus Christus für mich unangefochten ein bleibender Fixpunkt, der mich in in eine Aufwärtsspirale von Befreiung, Heilsamkeit und vertrauender Liebe ziehen kann. Aber weite Teile kirchlichen Redens und Handelns kriegen es einfach nicht auf die Kette, stimmige Antworten für die Frage zu liefern: Warum es gut ist, dass auch die  erwachsenen Kinder der „Babyboomer“ ihrerseits weiter Kinder in diese Welt setzen.

Was bleibt im Moment? Wie kann ich solch strudeligen Sommerschlussgedanken etwas Wirksames entgegen bringen? Ich werde mich jetzt damit beschäftigen, wie ich im eigenen Garten Saatgut für das nächste Frühjahr gewinnen und hüten kann. Erster Schritt: Ich lese mich in die Kunst ein, eigene Steckkartoffeln zu überwintern. Und merke dabei, wie ich mich zu freuen beginne, auch im nächsten August zusammen mit Kindern Kartoffeln aus der Erde heraus holen zu können. Auch mit meinem eigenen inneren Kind.

Mit spätsommerlichen Grüßen,
Richard Rosenberger (Pastoraler Mitarbeiter der Pfarreiengemeinschaft)

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