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08.10.2023 - 27. Sonntag im Jahreskreis - 

Liebe Leserin, lieber Leser,

die öffentliche Debatte ist im Vorfeld der Landtagswahl aufgeladen, ja gereizt. Kandidatinnen und Kandidaten unterschiedlichster Richtungen berufen sich auf „christliche Orientierungen“.

Wir brauchen immer wieder die Auseinandersetzung um ethische Fragen, um „die Zeichen der Zeit“ zu deuten. Dazu stellen wir fest, dass es viele Anlässe für sehr konkrete Sorgen gibt.

Hier sei nur eine Auswahl überblickartig benannt:

  • Die wirtschaftliche Entwicklung ist unsicher und die Angst vor Arbeitslosigkeit greift um sich. Die tatsächlichen Arbeitssituationen schwanken zwischen Stressbelastung und Fachkräftemangel auf der einen sowie Auftragsflaute oder Werksschließungen auf der anderen Seite. Viele fragen sich: Wie geht es für mich weiter?
  • Die Unterstützung für Familien mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen sind brüchig. Der Fachkräftemangel in Kitas, Schulen und Pflegeheimen führt zu eingeschränkten Angeboten oder plötzlichen Ausfällen. Die Inflation beschneidet die Möglichkeiten oder treibt gerade Alleinerziehende und alleinstehende Alte in existentielle Nöte. Viele fragen sich: Wie kann ich meinen Lieben noch gerecht werden?
  • Der erste Angriffskrieg eines Staates gegen einen anderen Staat in Europa seit dem 2. Weltkrieg erschüttert den Glauben an die Zukunft. Nach den Schrecken, die Hitler-Deutschland über Europa und die Welt gebracht hat, schien es unmöglich, dass dies mitten in Europa noch einmal passieren kann. Nun sterben Menschen wieder auf bestialische Weise und es steigern sich Zukunftsangst, Militärausgaben und Propaganda. Viele Menschen fragen sich: Wo führt das noch hin?
  • Der menschengemachte Klimawandel wird real und stellt unsere gesamte Lebensweise in Frage. Einerseits sind es die Belastungen durch hohe Temperaturen, Trockenheit und Unwetter. Auf der anderen Seite sind es die notwendigen neuen Regeln im Umgang mit Energie, Verkehr, Wohnen, Ernährung und Wirtschaften. Zusammengenommen wissen wir längst was zu tun ist und doch fällt es vielen schwer, Gewohnheiten zu ändern. Die Meisten fragen sich: Was muss sein, was geht zu weit?
  • Die scheinbar unaufhörliche Migration von Menschen nach Deutschland löst auch Ängste aus. So viele Menschen sind auf Grund der benannten Entwicklungen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung oder vor Hunger und Zukunftsangst. Deutschland braucht wegen dem Fachkräftemangel viel Zuwanderung, zugleich ist die Integration in Gemeinwesen, Kitas, Schulen und Arbeitsmarkt immer eine langjährige Aufgabe. Hier gibt es viele Erfolge und viel Engagement aber auch viele Probleme. Selbst bemühte Bürgerinnen und Bürger fragen sich: Wie sollen wir das schaffen?

Im Sinne des Evangeliums fängt jede Antwort auf all die Probleme immer mit einer Aussage an:

Menschlichkeit zuerst!

Davon ausgehend müssen Politik und Zivilgesellschaft immer neue Anstrengungen unternehmen, um die konkreten Probleme zu lösen:

  • Wir müssen unsere Wirtschaft klimagerecht umbauen und dabei allen Menschen einen Platz in zukunftsträchtigen Arbeitsfeldern gewährleisten.
  • Wir müssen den Kriegsaggressoren entgegentreten und dabei konkrete Solidarität mit Menschen auf der Flucht leben.
  • Wir müssen Menschen aus unterschiedlichen Regionen der Welt als Menschen mit gleichen Rechten und Pflichten respektieren und dabei die kleinräumige Integration in Ortschaften, Kitas und Schulen mehr beachten.
  • Wir müssen darüber hinaus aber auch erkennen, dass uns das Leben heute in eine nicht zu leugnende Veränderungsaufgabe stellt und uns viel Solidarität abverlangt.

Diese Herausforderung können wir nicht einfach mit einem platten Spruch wegreden oder mit einem schnell gemachten Kreuz auf dem Wahlzettel abwählen. „Ich zuerst“, „Bayern zuerst“, „Deutschland zuerst“…

Diese Parolen führen menschlich, wirtschaftlich und europäisch ins Verderben.

Menschlichkeit zuerst!

Als Christen nehmen wir diese Aufgabe gemeinsam an und gestalten sie im Glauben daran, dass Gottes guter Geist im solidarischen Bemühen aller Menschen dieser Welt - in die Welt kommt.

Einen schönen Sonntag und eine gute Woche wünscht Ihnen und Ihren Angehörigen
im Namen des Seelsorger-Team Ihr Pfarrer Nikolaus Hegler

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